Das Fernsehen der Zukunft...
Published on Tuesday, August 26, 2008 10:31:00 PM UTC in Skit
Dieses Post stammt aus meinem Blog "Gebruddel Deluxe" (2008-2010).
... präsentiert mit dem Kundenservice der Vergangenheit! Eigentlich ist es ja schon fast zu abgedroschen, ständig Beiträge zum Rosa Riesen zu verfassen, aber wenn sie doch Steilvorlagen liefern, dass sich dem Herrn Schweinsteiger die Stollen vor Neid kräuseln möchten...?
Wochenlang versuchte ein herzzerreißender Hobby-Opernsänger im Abendprogramm des deutschen Fernsehens, mich auf irgendwas aufmerksam zu machen, was die T-Com mit "Erleben, was verbindet" umschreibt. Zum Trocknen meiner Tränen angesichts dessen wärmenden Gesangs musste ich zwar ganze Bettlaken verwenden, gekauft hab ich aber nichts. Geschweige denn kapiert, wofür dort überhaupt Werbung gemacht werden sollte. Um ehrlich zu sein, musste ich eben sogar auf der Homepage von T-Home nachsehen, wie dieser neue Werbespruch genau heißt. "Erleben, was verbindet"? Hätte mich jemand auf der Straße danach gefragt, hätte ich vielleicht spontan "Pupsen, was den Magen bläht" geantwortet. Oder ähnliches. So wenig Wiedererkennungswert hatte zuletzt der Slogan von - ähh...
Jedenfalls stieß ich kurz danach auf eine Anzeige zum neuen Entertain-Super-Duper der T-Com, die tatsächlich eine Preisangabe enthielt. Telefonanschluss, DSL, Fernsehen übers Internet, dazu unbegrenzt Telefonieren und Surfen sowie ein Freiflug zum Mars für 49,95€ im Monat. Das klang plötzlich interessant, weil ich momentan für das gleiche ohne Fernsehen den selben Preis bezahle. Nicht dass ich mich nach einem besseren Fernseh-Angebot sehnen müsste. Ich verfüge über einen voll ausgebauten digitalen Kabelanschluss in Hyperfluxstufe mit 7000 Bibel-Bahn-Sendern extra, für den ich im Rahmen meiner Zehntsteuer Miete entsprechende Gebühren an meinen Lehensherren Vermieter abtreten muss - egal ob ich ihn nutze oder nicht. Als vollständig assimilierter Wahlschwabe aber verschenke ich keinen Cent, wenn's was umsonst gibt. Also habe ich mich näher mit der Thematik beschäftigt.
Da die Angebote der T-Com traditionell einfach gehalten und leicht durchschaubar sind, waren nach nur vier Stunden alle Unklarheiten beseitigt. In Fußnote 22 (ausnahmsweise kein Witz!) erfuhr ich zudem, dass die einzigen Zusatzkosten von 49,99€ für einen Media-Receiver zu entrichten waren - ein durchaus angemessener Preis, wenn man die Featureliste ansieht: eingebaute Festplatte für zeitversetztes Fernsehen, digitaler Videorekorder, elektronischer Programmführer, Video on Demand und zukaufbares Espressomodul - quasi ein Schweizer Armee-Receiver. Den Ausschlag gab dann letztlich die Aussicht, die Hinrunde der Bundesliga noch kostenlos obendrauf zu bekommen. Ein Hoch auf Lockangebote!
Um mich restlos beraten zu lassen, beschloss ich am folgenden Tag im T-Punkt vorstellig zu werden. Meine Erinnerung hatte mich nicht getäuscht: dort war tatsächlich ein riesiges Flachbild-Fernsehgerät aufgebaut, auf dem man sich von der mangelhaften Beinahe-VHS-Bildqualität des Angebots überzeugen konnte. Entsprechende Berichte hatte ich bereits in diversen Foren gelesen. Deshalb konnte mich dann auch die lahme Bedienung des Media-Wunderkastens nicht mehr schockieren. Weil ich vergessen hatte, dass man bei der Online-Bestellung einen 20-Euro-Gutschein bekam (schlechter Schwabe!), ließ ich mich zu einer Bestellung vor Ort hinreißen. Und schon nahm das Chaos seinen Lauf.
Die Dame hinterm Schalter war ganz offensichtlich hochprofessionell ausgebildet worden. Ich weiß zwar nicht worin, kann aber zumindest sagen, dass es nichts mit dem Bereich IPTV, DSL oder verwandten Themen zu tun haben kann. Aus den bereits genannten Fußnoten auf den Seiten der T-Com kann man mehr Informationen entnehmen als aus den Antworten dieser Verkäuferin - der ultimative Beweis, dass Computer den Menschen inzwischen überlegen sind :]. Die Bestellung selbst klappte leider nicht wirklich. Das System zur Prüfung der Verfügbarkeit war wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden und ziemlich langsam. Während der Leitungsmessung heuchelte ich ein wenig Interesse für die ausgestellten Handys, tippelte die Verkaufsflächen hoch und runter und analysierte das Flackerverhalten einer Deckenlampe. Als ich schließlich die Information bekam ("geht"), die ich am Abend zuvor bereits selbst abgefragt hatte, sollte die eigentliche Auftragsstellung erfolgen. Das zugehörige System war aber noch viel langsamer, so dass ich mich dazu entschloss, einkaufen zu gehen und später nochmal vorbeizusehen.
Als ich nach einiger Zeit zurückkam, arbeitete Miss T-Com immer noch an meinem Auftrag. Nach weiteren zehn Minuten diagnostizierte sie: "Abgestürzt." Ich bekam kurzerhand den Media-Dings unter den Arm und wurde mit dem Versprechen nach Hause geschickt, dass sie den Auftrag auf jeden Fall morgen früh anlegen und sich dann direkt bei mir melden würde. Kaum eine Stunde später klingelte mein Telefon. Die Eingabe des Auftrags hätte geklappt, Schaltung am 26. August bis 16 Uhr nachmittags, Auftragsbestätigung folgt per Post. Fein.
Sprung in die Gegenwart. Als ich heute nach Hause komme, stelle ich erleichtert fest, dass mein Telefon noch funktioniert (meine größte Sorge). Ich stöpsele das Media-Monster ein und warte, was passiert. Die Anzeige informiert mich darüber, dass irgendwas heruntergeladen wird. Zumindest also tut sich was, wie cool. Einige Minuten später startet der Receiver erneut und ich lese auf dem Bildschirm, dass das Starten einige Minuten dauern kann. Nach einigen Minuten wird der Bildschirm schwarz, und es ist für einige Minuten ein vor sich hinkriechender Fortschrittsbalken zu sehen. Schließlich startet der Receiver erneut und ich lese auf dem Bildschirm, dass das Starten einige Minuten dauern kann. Einige Minuten später ist es dann endlich soweit: es tut sich gar nichts mehr. Immerhin kann ich mich per Fernbedienung nun durch diverse Menüs klicken, ohne aber irgendwelche Funktionen nutzen zu können. Schon bereue ich, die Installation nicht für schlappe 50 Euro von einem T-Com-Techniker vorgenommen haben zu lassen, wie mir im T-Punkt angeboten wurde ("das ist echt nicht einfach").
Dann aber packt mich der Ehrgeiz. Ich habe es anno 1989 sogar mal geschafft, per ShowView einen Videorekorder zu programmieren; was soll mir da so ein billiger Media-Luftikus anhaben können? Also lese ich tatsächlich die beiliegende Anleitung. Das heißt: was man eben so Anleitung nennt bei der T-Com. Zu meinem Erstaunen stelle ich fest, dass der Beipackzettel zu einer Packung Toastbrot mehr Informationen enthält. Das Handbuch erklärt mir so undurchsichtige Dinge wie z.B., dass ich mit den Tasten hoch und runter durch die Menüs navigiere. Dass mich "Zurück" zum letzten Menüpunkt bringt. Dass ich den Scart-Anschluss nutzen kann, um einen Scart-Stecker einzustecken. Dass der Media-Receiver nicht zum Verzehr geeignet ist. Kein Wort aber zur Inbetriebnahme, zu nötigen Einstellungen, keine Beschreibung der Menüpunkte oder ähnliches. Im nächsten Versuch wende ich mich der eingebauten Online-Hilfe zu, die mir eine Hand voll "häufig gestellte Fragen" sowie "Tipps und Tricks" anbietet, die allesamt ungefähr so nützlich sind wie ein ferngesteuertes Flugzeug am Grund des indischen Ozeans.
Ich verbringe noch etwa eine Stunde damit, eine sogenannte T-Online-Pin anzulegen, wozu ich mehrmals über die Fernbedienung meine vierzigtausendstellige T-Online-Nummer mit zugehörigem Passwort eingeben muss, die Einstellungen von A wie Jugendschutz bis Z wie Menütöne durchzulesen sowie wild auf allen verfügbaren Tasten herumzutatschen. Nichts. Schließlich gebe ich auf. Im Menüpunkt "Kontakt" findet sich die Nummer einer kostenpflichtigen Hotline, die ich zähneknirschend anrufe. Nachdem ich mich wieder einmal durch ein begriffsstutziges Sprachmenü ("Tut mir leid, ich habe Sie nicht verstanden") gekämpft und bereits 36 Cent vertelefoniert habe, legt das Miststück am anderen Ende der Leitung einfach auf: "Momentan sind alle Plätze belegt. Versuchen Sie es später noch einmal." Nachdem ich dieses Spielchen ein paar Mal hinter mich gebracht habe, wird es mir zu doof und ich wähle stattdessen die altbekannte T-Com-Hotline, die nichts kostet. In freudiger Erwartung der üblichen mehrminütigen Warteschleife schalte ich auf Freisprechen und ziehe mich in privater Angelegenheit ins Badezimmer zurück...
... nur um vier Sekunden später zu einem Berater durchgestellt zu werden (die tun wirklich alles, um mich zu ärgern :-)). Die Warteschleife bekomme ich dann aber doch noch aufs Auge gedrückt, als mein Gegenüber nämlich beim T-Home-Team Rücksprache halten muss. Fast exakt 10 Minuten später kommt dann die Rückmeldung, die mich in wahnwitziges Kichern verfallen lässt. "Ihr Auftrag ist in unserem System hängengeblieben und wurde deshalb nicht bearbeitet." Sprich: Es wurde gar nichts geschaltet. Also kann auch nichts funktionieren. Und wie immer, wenn so etwas bei der T-Com passiert, geht man mit ungeheurer Kundenfreundlichkeit Großzügigkeit Arroganz vor: der Auftrag wird einfach nochmal eingespeist. Was bedeutet, dass ich "innerhalb der nächste Woche eine Auftragsbestätigung erhalte, in der mir der endgültige Schaltungstermin mitgeteilt wird". Keine Spur von Reue, keine Entschuldigung, kein Bemühen, in so einem Fall vielleicht für eine beschleunigte Bearbeitung zu sorgen. Für so eine Panne hätte ich als Wiedergutmachung zumindest einen Sonderpreis für das Espresso-Modul erwartet.
Tags: Gebruddel Deluxe · Hotline · IPTV · T-Com