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160 Nervenzellen

Published on Sunday, March 29, 2009 1:58:54 PM UTC in Skit

Dieses Post stammt aus meinem Blog "Gebruddel Deluxe" (2008-2010).

Ich muss es an dieser Stelle einfach mal loswerden. Mit jeder SMS, die ich in mein Handy tippe, stirbt ein kleiner Teil meines Gehirns ab. Bei jedem zweiten Wort, das ich dieser Höllenmaschine beibringen möchte, höre ich innerlich einen weiteren Geduldsfaden reißen. Mit jedem Betätigen der "Del"-Taste wächst meine Gewaltbereitschaft gegenüber Handyprogrammierern.

Das war nicht immer so. Früher hatte ich ein unscheinbares, kleines Teil von Nokia, das mir über viele Jahre hinweg treu diente. Böse Zungen behaupten zwar, es sei ein Frauenmodell, und die übelsten der bösen Zungen behaupteten, es sei damit "genau das richtige" für mich gewesen, aber ich hab's trotzdem gemocht:

8310.jpg

8310 mal besser als heutige Geräte

Vor einiger Zeit jedoch wurde ich beglückt mit einem HTC Touch. Nicht, dass ich mich dagegen gesträubt hätte. Farbiges Display, unterwegs Bilder machen, wenn man mal die Kamera nicht dabei hat, selbst Programme dafür schreiben durch Windows Mobile - klang alles verlockend.

Die erste Ernüchterung kam etwa fünf Stunden später. Ich benutze seit jeher das Handy als Wecker und lege es direkt neben das Bett. Das hält durch die elektromagnetische Strahlung im Winter auch das Gehirn warm. Leider hat das HTC nun die dumme Angewohnheit, dass es grün blinkt, wenn... ja wenn was? Wenn gar nichts ist. Dieses grüne Dauerblinken zeigt also an, dass alles in Ordnung ist. Es ist quasi das "ignorier mich bitte"-Blinken. Das "ich ziehe Deine Aufmerksamkeit auf mich um zu zeigen, dass es keiner Aufmerksamkeit bedarf"-Geflacker. So viel Schwachsinn habe ich zuletzt bei einem Soundsystem von XORO gesehen, das mit einer ultrahellen blauen LED blinkt, wenn es im Standby ist. Vermutlich ist das als Beitrag für den Umweltschutz gedacht, weil man auf Grund dieses nervigen Merkmals sehr gerne das Gerät ganz ausschaltet. Der nette Herr an der HTC-Hotline wusste zunächst nichts von einem Blinken, bestätigte aber nach fünfminütiger Rückfrage beim zuständigen LED-Blinkverantwortlichen, dass das völlig normal und nicht zu deaktivieren ist. Bravo.

Das nächste, was mich bis zum Mond und zurück erquickte waren die Anschlussmöglichkeiten des HTC. Im Gegensatz zu meinem Steinzeitokia, das nur per Infrarot ansprechbar war, hatte das neue Gerät einen USB-Anschluss - wie genial! Das Problem ist nur, dass normale USB-Kabel nicht funktionieren. Man kann darüber den PDA zwar aufladen, aber keine Datenverbindung herstellen. Dazu benötigt man das Super-spezial-Magie-USB-Kabel von HTC. Vermutlich aus Gründen der "Kompatibilität" (lies: Absicherung der Verkaufszahlen von Super-spezial-Magie-USB-Kabeln). Da dieses tolle Kabel (ich nenne es fortan nur noch "das Abzock") äußerlich zudem völlig identisch zu gewöhnlichen Kabeln aussieht, weiß man nie, ob man nun das richtige eingepackt hat, oder ob es doch nur das Kabel für die Kamera oder das Navi ist. Alternativ kann man zum Abzock auch die Dockingstation mitnehmen, die lediglich etwa vierzig Mal so groß ist wie der PDA selbst. Dann weiß man aber immer, dass man das richtige Utensil im Gepäck hat und kann das Abzock zu Hause lassen.

Freilich ist es damit aber nicht getan. Im Gegensatz zu allen anderen Pupsgeräten wie MP3-Player, Fotoapparaten oder Nasenhaartrimmern, die man einfach einstöpselt und dann als "generisches USB-Gerät" an jedem Rechner benutzen kann, benötigt das HTC zwingend ein installiertes ActiveSync, sonst geht gar nix. Selbst wenn man nichts synchronisieren möchte, sondern lediglich ein grade geschossenes Bild "mal kurz" auf einen Rechner spielen. Schön wenn dieser Rechner dann keine Internetverbindung hat - dann heißt es HTC und Abzock wieder einpacken und unverrichteter Dinge abziehen.

Wo war ich? Achja... eigentlich geht es mir ja um das Thema SMS. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Handys hat sich irgendein Schwachkopf Marketingexperte ausgedacht, dass man PDAs doch lieber mit einer PC-kompatiblen, sogenannten QWERTZ-Tastatur ausstatten sollte:

htc.jpg

Das hat den entscheidenden Vorteil, dass man das Eingeben von SMS für den Benutzer viel einfacher zur Hölle machen kann. Ein kleines Beispiel: mit der gewöhnlichen Handy-Tastenbelegung sind die Wörtchen "die", "dir" und "für" durch verschiedene Tipp-Kombinationen abgedeckt (3-4-3, 3-4-7 und 3-8-7). Auf einer QWERTZ-Tastatur werden diese Wörter alle durch dieselbe Kombination dargestellt (4-3-1), was dazu führt, dass man grade bei den am häufigsten vorkommenden Wörtern eine Auswahl treffen muss. Die Programmierer von HTC (oder Windows Mobile oder was weiß ich) haben in mühevollsten, monatelangen Bemühungen außerdem dafür gesorgt, dass das Gerät intelligent immer genau den Begriff vorschlägt, den ich grade nicht haben will. Darüber hinaus befinden sich unter den Vorschlägen, aus denen ich wählen muss, stets völlig schwachsinnige Buchstabenkombinationen. Meist zudem in absolut prominenter erster Position. Will ich beispielsweise "die", "dir" oder "für" tippen, erhalte ich als ersten Vorschlag immer "due". Auch "fur", "fue" oder "dur" finde ich sehr kreativ und unbedingt so wichtig, dass man sie vor Begriffen wie "furchtbar" plazieren sollte.

Dazu kommt, dass das interne Wörterbuch so schwachbrüstig ist, dass man meinen könnte, man hätte ein Gerät von Motorola in der Hand. Möchte man "Esprit" tippen, lautet der erste Vorschlag "Eao", und an dritter Stelle befindet sich schon das Wort "Rapidshare", das ich täglich etwa hundert mal tippen möchte. "Esprit" gibt's immerhin tatsächlich, irgendwo auf Seite fünfundfünfzig, zwischen "Rao" und "Esö". Ich will "Opa", HTC schlägt "Wurzelbehandlung" vor, bei "Fisch" kommt "Desoxyribonukleinsäure", und statt "Buch" nur "Zwäääblieblääbb". Ok, diese Beispiele waren erfunden, aber ich bin grade zu faul, echte Fehltritte auszuprobieren - ich muss mir noch ein paar Nerven für die nächsten SMS-Geburtstagsglückweetzschä aufheben.

Immerhin versucht sich der PDA zu merken, welche Wörter man zuvor benutzt hat, und schlägt diese dann direkt vor. Leider geht das meistens nach hinten los, da der superintelligente Algorithmus sich auch jene Varianten als eigenständige Begriffe merkt, an die man nur ein Komma, einen Punkt oder ein Fragezeichen angehängt hat, oder die man statt mit kleinem mit einem großen Buchstaben beginnen ließ. Statt "dir", "Dir", "dir?", "dir." und "dir," hätte ich dann doch lieber wieder nur "dir" und "für" zur Auswahl bitte... Vergeblich ist bei manchen Wörtern auch der Versuch, diese dem Wörterbuch hinzuzufügen. Beharrlich weigert sich das HTC zum Beispiel, Wörter in seine Liste mit aufzunehmen, in denen Zeichen wie der * vorkommen.

Genial auch das Verhalten des Geräts, wenn es plötzlich nicht mehr weiter weiß. Mit jedem eingegebenen Buchstaben wird die Liste der Vorschläge angepasst. Erreicht man nun plötzlich jenen Punkt, zu dem das HTC keine sinnvollen Einträge mehr in seiner Datenbank findet, hat man nur noch Varianten wie "wereeeerrrr" und "wereeeerrre" in der Liste. Wer nun glaubt, durch einfaches Löschen des letzten Buchstaben wieder zurück zur vorigen, sinnvollen Auswahl zu gelangen (um beispielsweise einen der Begriffe dort zu wählen und manuell zu dem zu ergänzen, was man haben möchte), wird enttäuscht. Der Prozess ist meist irreversibel... nach dem Löschen steht dann eben "wereeeerrr" in der Liste, nach nochmaligem Löschen "wereeeerr" und so weiter - bis sich die Anwendung irgendwann dazu entschließt, mal wieder auf sinnvolle Einträge zu prüfen... zum Beispiel wenn noch zwei Buchstaben übrig sind...

Ich bin wirklich froh, dass ich die Internetfähigkeiten des HTC noch nicht getestet habe. Vermutlich wäre ich nach dem Versuch, eine E-Mail oder gar einen Blog-Eintrag auf dem PDA zu tippen, bereits in eine geschlossene Anstalt eingeliefert worden.

*tilt*

Tags: 3-4-7 · Gebruddel Deluxe · Geburtstagsglückweetzschä · SMS