Das große Vergessen Gegen den Strom

Supermarktkassensprint

Published on Saturday, October 25, 2008 10:47:03 PM UTC in Skit

Dieses Post stammt aus meinem Blog "Gebruddel Deluxe" (2008-2010).

Heute möchte ich mich gerne einem Thema widmen, das mir schon lange auf der Seele brennt. Den Supermarktkassen. Genauer gesagt - schließlich gibt es rund um die Supermarktkasse sicherlich fünfzig Ärgernisse, von denen man berichten könnte - geht es mir um die Personen, die hinter den Supermarktkassen sitzen. Und um noch spezifischer zu werden: es geht mir um die Angestellten der Kette Marktkauf, die einen seit Jahren laufenden, heimlich unter der Belegschaft ausgefochtenen Wettbewerb betreiben, den GPS-Rekord ("Gepiepte Produkte pro Sekunde") in immer neue, ungeahnte Höhen zu treiben.

Auf der anderen Seite ich, der ich wie ein mickriger Don Quijote einem völlig aussichtslosen Kampf gegenüberstehend in den letzten Jahren vergebens versucht habe, gegen diesen Irrsinn anzuhalten. Sorgfältig lege ich die schweren Produkte zuerst aufs Band, vorzugsweise jene, die quadratisch oder quaderförmig daherkommen und sich damit besonders effektiv verstauen lassen. Danach kommt der unverwüstliche Krims-Krams, den man einfach rücksichtslos in die Tüten stopfen kann, bis ich schließlich ganz ans Endes des Bandes die empfindlichen Sachen häufe: Eier, Joghurts, die neue Ausgabe der Brigitte. Sobald ich damit fertig bin, schubse ich ohne Rücksicht auf Verluste die Oma vor mir vom anderen Ende der Kasse weg - was ist die auch so lahm? - und stehe mit empfangsbereiten Armen da, die Tüten bereits aufgefaltet und im Wagen aufgereiht, fertig für die heranstürmende Flut.

Und jedes Mal passiert das selbe: Piep - piep - pieppiep - piep - pipipiep - pipipipipipiiiiiep! Pipipipiep! Spätestens jetzt liegt schon die erste Packung Glühbirnen, die eigentlich ganz nach oben in eine Tüte sollte, auf einem Tetrapak Milch, den ich gerne zuerst greifen möchte, und schon verliere ich wertvolle Zeit mit zusätzlichem Vorsortieren auf dem viel zu kleinen Stück Ausrollband, während Miss Frankenstein mit mechanischer Gleichgültigkeit immer neue Joghurtbecher auf die Konservendosen stapelt. Kaum zwanzig Sekunden später ist sie fertig, und ich muss die EC-Karte aus dem Geldbeutel fummeln, weil ich durch die vorwurfsvollen und genervten Blicke aus der Schlange hinter mir schon ganz nervös bin. "Mami, warum ist der so lahm", ruft sogar eines der Bälger aus der Anonymität der Wartenden heraus. Kaum habe ich bezahlt, da piept die Irre auf der anderen Seite des Laserscanners auch schon die Waren des nächsten Kunden, die sich langsam aber sicher mit den meinigen vermischen, und als ich, den Geldbeutel in die Achselhöhle geklemmt, Einkaufszettel und EC-Karte in der einen, die restlichen Einkäufe in die andere Hand gekrallt, den Einkaufswagen mit den Füßen vor mir herschubsend, schließlich in eine ruhige Ecke davontrotte, rinnt mir der Schweiß in Bächen von der Stirn, und mein Puls ist auf 180.

Vor kurzem habe ich sogar eine, die besonders dreist mit beiden Händen meine Einkäufe zusammenschob, um noch ein kleines bisschen Platz für mehr Pieperei zu schaffen, verzweifelt gefragt: "Sagen Sie, bekommen Sie eigentlich mehr Geld, wenn Sie schneller piepen???" Die Antwort war ebenso trocken wie verständnislos: "Nein piep, wir werden pieppiep nach Stunden piep bezahlt."

Ich habe wirklich ernsthaft darüber nachgedacht, wieder beim Kaufland einzukaufen, da wird deutlich langsamer gepiept. Ob das Anweisung von oben ist, kann ich nicht genau sagen. Ich glaube da kassieren hauptsächlich Studentinnen, vielleicht fehlt denen auch nur die jahrelange Erfahrung fürs High-Speed-Pieping. Ein weiterer Vorteil dort wäre, dass man dadurch auch was fürs Auge hat, nicht nur so hässliche Drachen wie an den Kassen der Konkurrenz. Leider sprechen aber zwei gewichtige Gründe dagegen: zum einen kann ich es einfach nicht ausstehen, wenn man mich mit Namen anspricht und fragt, ob beim Einkaufen alles in Ordnung war, was man dort als Angestellter wohl machen muss. Zum anderen gibt es beim Marktkauf kostenlose Papiertüten an der Kasse, die man wunderbar für seinen Biomüll oder das Altpapier weiterverwenden kann. Da spart man als Schwabe mindestens siebzehn Cent im Monat!

Warum, frage ich mich, stellt mir das Leben ständig derart unlösbare Aufgaben?

Tags: Gebruddel Deluxe · High-Speed-Pieping · Marktkauf · Supermarktkasse