Lizenzen kaufen ist nicht schwer...

Bitte haben Sie noch etwas Geduld...

Published on Tuesday, July 29, 2008 7:22:00 AM UTC in Skit

Dieses Post stammt aus meinem Blog "Gebruddel Deluxe" (2008-2010).

... der nächste freie Kundenberater ist für Sie reserviert! Für gewöhnlich habe ich sehr wenig am Rosa Riesen auszusetzen. Was vielleicht auch daran liegt, dass normalerweise alles so funktioniert, wie es funktionieren sollte und kein Anlass dazu besteht, die T-Com-Hotline anzurufen. Ich hatte auch noch nie die typischen Probleme (nach Umzug wird der Anschluss nicht geschaltet oder ähnliches), von denen zahlreiche Horrorgeschichten zu erzählen wissen, und ganz selten gab's wirklich Störungen zu verzeichnen (wenn man mal von meinen ersten DSL-Gehversuchen absieht). Gestern Abend jedoch, als ich von der Arbeit nach Hause kam, bemerkte ich, dass der Internetzugang tot ist. Ein kurzer Blick auf den NTBA verriet mir, dass das Telefon dem in nichts nachsteht. Tatsache, die Leitung gab nur ein gequältes Tut-Tut-Tut von sich, bis mir die wundervolle Technik ein "Störung" auf dem Display entgegenschleudert.

Also fix per Handy die Störungshotline angerufen. Die zugehörige Nummer wusste ich aus den Anfangstagen von DSL eh noch auswändig. Das war in einer Zeit, als die Synchronisierung des DSL-Modems mit der Gegenstelle noch etwa so lange dauerte wie die Rally Paris-Dakar und jedes Mal fällig wurde, wenn Nachbar Klein von Gegenüber die Ziffern 3 oder 7 auf seinem Apparat gewählt hatte. In diesen Tagen kannte ich quasi alle Kundenberater beim Vornamen. Das heißt: damals hieß es noch Techniker, und genau das waren die Menschen am anderen Ende der Leitung auch. Zumindest wer nach Mitternacht anrief, landete oft direkt bei einem Vollprofi, der sich wirklich mit der Materie auskannte. Mehr als einmal erörterte ich in mehrstündigen Telefonaten Einzelheiten zu Hardware und Technik, die rein philosophischer Natur waren und nichts mit meinem Problem zu tun hatten, weil dem Gegenüber zu so später Stunde ganz offensichtlich langweilig war. Oder weil manche von uns Geeks einfach zu gerne über abgedrehten Scheiß labern, ohne ein Ende zu finden. Jedenfalls waren die Nummern zur Störungsmeldung bzw. zur Technik damals quasi kostenlose 0190er-Hotlines für Technikfreaks.

Heute jedoch bekommt man an der T-Com-Hotline nur noch sogenannte Fuzzis Kundenberater ans Rohr. Vielleicht liege ich ja falsch, aber meist hat man den Eindruck, dass es sich um angelernte Würstchen handelt, die weniger über Telefone und DSL wissen, als ein Otto-Normalverbraucher aus der c't lernen kann. In die Technikabteilung gelangt man erst gar nicht mehr. Wenn überhaupt, dann hält der Fuzzi Kundenberater Rücksprache mit jemandem, der sich auskennt, während man selbst zurück in die Warteschleife geschickt wird. Diese Vorhut im Kampf zur Kundenabwehr kann heutzutage selbst per Mausklick eine Leitung durchmessen, um schließlich irgendwann stolz das Ergebnis zu präsentieren: "Ihre Leitung ist gestört." - Nein? Gestört? Wirklich? Mein Telefon hat also recht mit der Anzeige "Störung"? Dann wird "der Außendienst" beauftragt, sich die Sache anzusehen, und schwupp - kaum einen Tag später geht kommentarlos alles wieder. Stimmt nicht ganz: seit längerem bekommt man sogar per SMS mitgeteilt, dass der Anschluss wieder geht, meist so etwa 24 Stunden nachdem man über den betroffenen Anschluss alle Freunde angerufen hat, um zu sagen, dass man wieder erreichbar ist :-). Das war zumindest meine Erfahrung beim letzten Mal.

Bevor man jedoch überhaupt in den Genuss kommt, mit einem Fuzzi Kundenberater sprechen zu dürfen, steht erst einmal eine große Hürde, die es zu nehmen gilt: das TGDG, wie es in Fachkreisen (ja, damit meine ich mich) genannt wird. Todes-Gelaber des Grauens. Trotz zahlreicher Verbesserungen in den letzten Jahren siedle ich Sprachcomputer noch immer ganz unten auf meiner Sympathieskala an, irgendwo zwischen "in einen Haufen Hundekot treten" und "bei einer Tombola Konzertkarten für Tokyo Hotel gewinnen". Bei der T-Com ist besonders nervend, dass man zunächst einmal darauf hingewiesen wird, dass es ja jetzt "das Fernsehen der Zukunft" zu kaufen gibt, oder irgendein tolles "Entertainpaket" oder ein Set Raketenstiefel zur Überwindung der Schwerkraft. Ich möchte eine Störung aufgeben! Da juckt es mich einen feuchten Kehricht, was es Neues gibt bei der T-Com. Im Gegenteil: Dass ich dazu gezwungen werde, diese Werbung über mich ergehen zu lassen, um zu meinem eigentlichen Anliegen vorzudringen, empfinde ich als glatte Nötigung. Besonders deshalb, weil es mit einem einzigen Anruf - wie ich gestern erleben durfte - beileibe nicht getan ist und man die gleiche Soße wieder und wieder aus dem Hörer quillen hört.

Hat man der Elektrodame am anderen Ende dann klar gemacht, worum es geht, darf man sich noch süffisant-sarkastisch belehren lassen: "Da habe ich noch einen Tipp: Sie können auch übers Internet Störungen melden..." Kann man das, ja? Das ist ja eine furchtbar interessante Option, die aber wohl nur mit irgendwelchen Wunderanschlüssen funktioniert, die man nirgendwo kaufen kann. Bei denen funktioniert der Internetzugang auch dann noch, wenn die Leitung gestört ist. Ich jedenfalls hatte noch nie den Fall, dass ich bei einer Störung noch ins Internet kam. Tatsächlich war es bei einer Störung sogar meist der Internetzugang, der ausgefallen war, während vielleicht das Telefon noch funktionierte. Aber vermutlich gehöre ich da zur absoluten Ausnahme(?).

Das nächste Problem der T-Com-Hotline ist das wulstige Um-den-Brei-herum-Reden. Statt einfach zu sagen "bitte geben Sie die Nummer des Anschlusses ein, um den es geht" fängt Madame Elektro erstmal an auszuholen: "Um Ihr Anliegen besser bearbeiten zu können, hätte ich noch eine Frage..." Manch einem mag es kleinkariert vorkommen, wenn man sich über sowas beschwert. Wer aber an einem Abend zum siebzehnten Mal an dieser Stelle darauf wartet, seine Nummer eintippen zu können, wird verstehen, was ich meine. Kenner solcher Systeme oder Menschen, die es zufällig herausgefunden haben, wissen aber, dass man die Ansagen glücklicherweise gar nicht abwarten muss. Wer die Optionen kennt, die zur Auswahl stehen, kann dem Computer das Wort abschneiden und sich so deutlich schneller durch die Menüs hangeln. Noch besser ist es natürlich, die Tastatur zum Tippen zu benutzen (1 = Ja, 2 = Nein, 3 = Pizza Capriciosa usw.). So schafft man es in knapp unter einer Minute bis zum "ich werde Sie nun mit einem passenden Fuzzi verbinden".

Was übrigens noch gar nichts heißt. Gestern zum Beispiel versuchte ich den ganzen Abend im Abstand von jeweils einer halben Stunde mein Glück. Was ein Heidenspaß ist mit einem Handy aus dem 18. Jahrhundert, das ganz ohne Freisprecheinrichtung und Lautsprecher auskommt. Immerhin weiß ich jetzt, dass es sehr robust ist und auch mehrere Stürze aus der Höhe Schulter/Ohr problemlos wegsteckt, und ich kann nun einhändig Colaflaschen aufschrauben. Das sollte ich unbedingt in meinen Lebenslauf aufnehmen.

Der Höhepunkt war ein Anruf, bei dem ich nach exakt 17 Minuten und 34 Sekunden plötzlich ein vielversprechendes Klicken in der Leitung vernehmen konnte, gefolgt von einer neuen, völlig emotionslosen (Band-)Stimme, die mir erzählte: "Unsere Abfrageplätze sind zur Zeit alle belegt, bitte versuchen Sie es später wieder" - sprach's und hängte auf. Und das, nachdem mir die vorige Stimme eine Viertelstunde lang versprochen hatte, dass "der nächste freie Kundenberater für mich reserviert" sei. Wer auf sowas mit einer Urschreitherapie reagiert, wird beim nächsten Versuch feststellen, dass Beschimpfungen, Drohungen, ja selbst gorillaähnliches Gebrüll den Sprachcomputer völlig kalt lassen. "Entschuldigung, ich konnte Sie leider nicht verstehen." - Erziehung zur Geduld auf höchstem Niveau. Zu Stoßzeiten sind derartige Anrufe wirklich nur stoischen Naturen oder mit Sedativen zu empfehlen.

Hat man es schließlich bis zum Kundenberater geschafft (wie ich kurz nach 23 Uhr, nur fünfeinhalb Stunden nach meinem ersten Versuch) nimmt man dort enerviert zur Kenntnis, dass der gar keine Infos von dem ach so tollen System bekommen hat. Die zuvor mühsam per Spracherkennung aufgesprochenen oder auch per Tasten eingetippten Daten zum Anschluss muss man ihm nochmal verklickern. Derartige Transfers und Schnittstellen scheinen wohl allen möglichen Herstellern Probleme zu machen, jedenfalls kenne ich das Problem auch von diversen anderen Hotlines. Bei Microsoft beispielsweise habe ich schon mehrmals erlebt, dass man nach dem Eintippen von mehr als 50-stelligen Nummern auf Grund irgendwelcher Probleme zu einem menschlichen Gesprächspartner verbunden wird, bei dem man das Spielchen dann von vorne beginnen darf. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich jedenfalls hoffe, dass das die letzte Störung für einen langen Zeitraum war. Fuzzis sind einfach nicht mein Fall.

Tags: Gebruddel Deluxe · Hotline · T-Com · Telefon