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Qualitätsprodukt

Published on Thursday, April 28, 2016 9:00:00 AM UTC in Skit & Tools

In meinem naiven Wurm-Dasein herrscht ja immer noch die Vorstellung, dass man für mehr Geld mehr Qualität bekommt, dass man besser fährt, wenn man sich fürs Markenprodukt entscheidet statt den No-Name-Nachbau. Deshalb griff ich, als mein altes Gerät von D-Link letzten Herbst seinen Geist aushauchte, zielstrebig zum Rolls Royce der Router, einer FRITZ!Box von AVM. Vor meinem geistigen Ohr hörte ich schon die neidischen "Aaaah" und "Ohhh" der Nachbarn, wenn ich den blau-gelben Karton protzig ganz oben auf den Altpapier-Stapel zur Abholung legen würde, und natürlich versprach ich mir neben einem neuen Status-Symbol auch eine deutliche Verbesserung zu den nervigen Zicken, für die das Vorgängerprodukt in unserem Haushalt inzwischen berüchtigt war.

Das erste Exemplar, ein nagelneues Modell 3490, war quasi defekt ab Werk. Eine funktionierende WLAN-Verbindung auf drei Meter Entfernung war eigentlich nur ein zufälliges Abfallprodukt aus stundenlanger Konfiguration und Hin- und Herschieberei des Geräts, und natürlich hatte eine solche Verbindung ein früheres Verfallsdatum als ein Liter Frischmilch in der prallen Sonne. Nachdem ich unzählige Dinge ausgeschlossen und durchprobiert hatte, wandte ich mich mit einem detaillierten Fehlerbericht genervt an den Support von AVM und erhielt... eine Standard-Antwort mit einem Fragenkatalog, den ich zu 90% bereits in meiner Erstmeldung in bebilderter Romanform beantwortet hatte. Ist das nicht das übelste Erlebnis überhaupt? Wenn man mit richtig Mühe und Aufwand seinen schwarzen Techniker-Gürtel im Google-Kung-Fu beweisen möchte und dann trotzdem direkt an der ersten Verteidigungslinie des Unternehmenssupports abgeschmettert wird? Per E-Mail! Das heißt, man kann allenfalls in ein Kissen brüllen oder auf ein Stück Holz beißen, weil den Zorn eh niemand abbekommen würde, der es verdient hätte...

Nunja. Weitere E-Mails und den Austausch von Logfiles später lautete die Fern-Diagnose: "defekt". Das Austauschgerät funktionierte dann soweit ganz gut, wenn man mal davon absieht, dass das Zusammenspiel mit dem ebenfalls von AVM stammenden WLAN-Stick (AC 430) gelinde gesagt verbesserungswürdig ist. Der war schon bei der Installation ungewohnt widerspenstig, weil die Routine mitnichten so funktionierte wie beschrieben und erst durch viel manuelle Fummelei und separate Treiber-Downloads zu bewerkstelligen war. Im Betrieb dann: willkürliche Verbindungsabbrüche, niedrige Geschwindigkeit, blankliegende Nerven. Anders formuliert: wenn der Stick für den Verzehr gedacht wäre, wäre er so in etwa, äh, Kutteln. Oder die Verpackung eines Schokoriegels. Oder, ganz gruselig, die Lebersuppe meiner Oma. Da (Stand April 2016) etwa ein Drittel der Bewertungen auf Amazon für dieses Produkt aus 1-Stern-Beschwerden bestehen, stehe ich mit dem Problem offensichtlich nicht alleine da. Letztes Treiber-Update (ebenfalls Stand April 2016) vom Juli 2015 - das zeugt auch nicht unbedingt davon, dass hier per Software etwas geändert werden kann (oder will, schließlich gibt es doch inzwischen den noch viel besseren(?) AC 860). Also war auch dieser Blindkauf eines Markenprodukts dann wohl eher von der Sorte "denkste".

Gestern Abend dann las ich eher zufällig davon, dass ein Update der tatsächlich nicht schlechten Software für die 3490 bereitsteht (FRITZ!OS 6.51), welches ich dann direkt über die Web-Oberfläche anstieß. Zunächst lief alles nach Plan, und ich überstand auch noch die Phase, in der das Gerät mit der Info-Leuchte blinkt, was laut Bildschirmmeldung wohl der kritischste Zeitpunkt ist ("Auf keinen Fall, unter gar keinen Umständen, NIEMALS, vom Strom trennen, wenn es blinkt. Verstanden?"). Dann aber, nach einem automatischen Reboot, ging gar nichts mehr. Tot. Kein Blinken, kein Leuchten, keine Verbindung. "Peter", sagte ich mir, "Peter, Du bist immer zu ungeduldig, also warte einfach noch ein bisschen." Ich erledigte also ein paar Dinge, um mich abzulenken und Zeit verstreichen zu lassen. Schrieb einen Brief. Trank ein Tässchen Kaffee. Grub den Garten um. Zwei Wochen Kite-Surfen in Brasilien. Als ich zur FRITZ!Box zurückkehrte, bot sich das gleiche Bild: tot. Also zog ich todesmutig den Netzstecker, wartete kurz und startete dann einen Wiederbelebungsversuch. Bingo! Die Box befand sich nun in einer Endlosschleife. Alle Lichter blinkten, dann alles aus, dann leuchtete die grüne Info-Leuchte alleine, bis das Schauspiel von vorne begann. Zwei Mal, drei Mal... Netzstecker ziehen. Zunächst flehte ich noch die Götter an, dann fluchte ich darüber, dass ich dieses vermaledeite Update überhaupt entdeckt hatte, und schließlich, als ich die Axt quasi schon in Händen hielt, dann... startete das Ding, als wäre nie etwas gewesen. Es ist auch nicht möglich herauszufinden, was passiert ist. Das Update ist offensichtlich aufgespielt, alles funktioniert problemlos, nichts deutet auf einen Fehler hin. Nichts, außer einem einzigen kleinen Eintrag im Systemlog:

2016-04-26 - Fritzbox Systemlog.png

Selbstverständlich führt ein Klick auf den Eintrag nicht zu den Details des Fehlerberichts, wie ein Hinweis auf der Seite suggeriert: "Um weitere Informationen zu einem Ereignis zu bekommen, klicken Sie auf das Ereignis." Stattdessen landet man auf der Hilfeseite von AVM, die erklärt, was Fehlerberichte sind und wie man sie abschaltet. Bravo!

Alles in allem ein wenig vertrauenserweckendes Erlebnis, das das Nagen an meinem eingangs geschilderten Weltbild verstärkt. Vielleicht sollte ich, um im seelischen Gleichgewicht zu bleiben, meine aufkommenden Zweifel beschwichtigen mit der Frage: "Wenn das also AVM ist, wie sieht's dann erst bei anderen aus?"

Tags: AVM · Fritzbox · Qualitätsprodukt