Gegenmassagen einleiten! Wortkünstler

Ein unmoralisches Angebot

Published on Tuesday, August 5, 2008 6:22:00 PM UTC in Skit

Dieses Post stammt aus meinem Blog "Gebruddel Deluxe" (2008-2010).

Als letzte Woche JoWood, ein großer österreichischer Spiele-Publisher, bekannt gab, eine eigene Download-Vertriebsplattform zu eröffnen, lockte mich eigentlich nur der 50%-Rabatt für die ersten 111 Besteller auf die Seite. Dabei fiel mir aber ein interessantes Detail auf. Der Shop ist mehrsprachig. Über entsprechende Flaggen rechts oben kann man zwischen den unterschiedlichen Ländern hin- und herschalten - und den zugehörigen Preisen.

Die meisten Verbraucher sind es ja schon gewohnt, dass Preise eins zu eins von Dollar in Euro umgerechnet werden (was an sich schon eine ärgerliche Tatsache ist). Nicht anders passiert es in diesem Shop. Das bekannte Rollenspiel "Gothic 3" beispielsweise geht in den USA für 19,99$ über die Theke durch die Leitung, während in Deutschland dafür 19,99€ verlangt werden. Legt man den aktuellen Umrechnungskurs zugrunde, ist das ein satter Aufschlag von weit über 50%. Pikantes Detail ist, dass man als Brite 9,99 Pfund dafür bezahlt, also ziemlich genau den gleichen Preis wie in den USA.

Aber JoWood kann's noch besser! Das Actionspiel "Painkiller: Overdose" wird hierzulande für 29,99€ verschachtert, während man von den USA aus lediglich 24,99$ bezahlt. Das ist ein Aufschlag für hiesige Verbraucher von schlappen 85%. Briten kommen auch diesmal mit 14,99 Pfund (etwa 18€) deutlich besser weg. Laut Kleingedrucktem sind übrigens in allen Preisen (auch US/UK) alle Steuern enthalten. Ähnlich misslungen war anfangs übrigens auch das Preisverhältnis beim oben genannten "Gothic 3", das zumindest am ersten Tag noch für knapp 23€ angeboten worden war (ca. 75% Aufschlag), bevor es wenigstens auf 19,99€ gesenkt wurde.

Sieht man sich interessehalber mal nach anderen Angeboten um, stellt man fest, dass "Gothic 3" momentan z.B. bei Amazon.de für 16,95€ verkauft wird. Selbst mit den anfallenden drei Euro Versandkosten kommt man noch billiger weg als bei JoWood direkt. Dann aber hat man eine "Game Of The Year"-Edition in Holzverpackung, die neben den Datenträgern noch Extras wie ein Making-Of und ein Poster enthält.

Ohne Frage hat JoWood auch Kosten, um die Online-Plattform zu unterhalten (unterhalten zu lassen). Bei mir als Verbraucher aber kommt doch eher folgendes an: die sparen sich die Gewinne der Zwischenhändler und haben keine Kosten mit der physischen Herstellung eines Produktes und mit dem Transport desselben. Gleichzeitig wälzen sie das Erstellen entsprechender Backups (CDs/DVDs) auf den Kunden ab, der auch die Kosten für den gewaltigen Download selbst tragen muss (was angesichts der heutigen Flatrate-Flut zugegebenermaßen kein Problem sein sollte). Dafür bezahlt man dann doch gerne mehr als für die klassische Spieleschachtel von Amazon, gell?

In dieser Form des Vertriebs handelt es sich um eine klassische Win-Win-Situation. Zum einen sind wir näher bei den Spielern – zum anderen bietet der Download-Shop den Leuten einen großartigen Mehrwert.

So heißt es in der zugehörigen Pressemeldung. Was genau der großartige Mehrwert denn ist, sagt Herr Michael Zettl zwar nicht selbst, aber ein paar Sätze weiter ist zumindest die Rede davon, dass der Käufer nicht an Ladensöffnungszeiten gebunden ist, keine CDs wechseln muss und kostengünstige Angebote erhält. Kostengünstig ist relativ, wie man sieht. An Ladenöffnungszeiten bin ich auch beim klassischen Online-Shopping nicht gebunden, und ob das Fehlen von CDs/DVDs wirklich die Nachteile aufwiegt, muss natürlich jeder selbst entscheiden.

Ich möchte an dieser Stelle übrigens auch dem JoWood-Shop-Support danken, der es auch nach fünf Tagen noch nicht geschafft hat, auf meine diesbezügliche Anfrage per E-Mail zu antworten. "Näher bei den Spielern"! Yay!

Tags: Gebruddel Deluxe · JoWood · Spiele